Aktuelle Urteile

Das LAG Köln hat entschieden, dass Arbeitgeber grundsätzlichberechtigt sind, schon ab dem ersten Krankheitstag des Arbeitsnehmers die Vorlage eines ärztlichen Attestes zu verlangen. Ein besonderer Anlass oder eine Begründung ist hierfür nicht erforderlich.

Im Streitfall hatte die beklagte Arbeitgeberin einen Dienstreiseantrag der Klägerin für den 30.11.2010 abgelehnt, woraufhin sich die Arbeitnehmerin am 30.11.2010 krank meldete. Die Beklagte hatte Zweifel an dem Vorliegen einer Erkrankung und...

Die heimliche Übertragung der Gespräche während einer Betriebsratssitzung per Handy an einen Außenstehenden durch ein BR-Mitglied kann sowohl als Amtspflicht- als auch als Vertragspflichtverletzung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Das gilt auch schon bei dringendem Verdacht. Im Einzelfall kann allerdings nach der Interessenabwägung auch lediglich eine Abmahnung geboten sein.

Im Streitfall wurde die Klägerin vor Beginn einer Betriebsratssitzung auf ihrem Handy angerufen worden und...

Vor dem 01.07.1949 geborene nichteheliche Kinder sind bei bis zum 28.05.2009 eingetretenen Erbfällen nicht erbberechtigt.

Diese aufgrund von Rechtsänderungen in 2009 eingetrene Rechtswirkung ist nach dem Bundesgerichtshof mit dem Grundgesetz vereinbar. Die deutschen Gerichte haben die Regelung also weiterhin anzuwenden.

BGH, Urteil v. 26.10.2011 - Az. IV ZR 150/10

Liegt ein einheitlicher Mietvertrag über eine Wohnung und eine Garage vor, ist eine Teilkündigung der Garage unzulässig.

Anders liegen die Dinge, wenn neben dem schriftlichen Mietvertrag ein separater Vertrag über die Garage vorliegt. In diesem Fall spricht eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbständigkeit der Verträge, welche nur aufgrund besonderer Umstände widerlegt werden kann.

BGH, Urteil v. 12.10.2011 - Az. VIII ZR 251/10

Die umsatzsteuerliche Zuordnungsentscheidung für gemischt-genutzte Gegenstände ist spätestens im Rahmen der Jahressteuererklärung bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist am 31. Mai des Folgejahres zu treffen. Dies gilt auch bei einem gestreckten Herstellungsvorgang.

Der Unternehmer begann im Sommer 2007 mit der Errichtung eines im Januar 2008 fertig gestellten Einfamilienhauses, das er zu rund 20 % unternehmerisch nutzte.

Den Vorsteuerabzug machte er erstmalig im Juni 2008 durch berichti...

Der Bundesfinanzhof hat entscheiden, dass eine nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer dann eine Masseverbindlichkeit i. S. von § 55 InsO darstellt, wenn das Fahrzeug, für dessen Haltung die Kraftfahrzeugsteuer geschuldet wird, Teil der Insolvenzmasse ist.

BFH, Urteil v. 8.9.2011, II R 54/10

Jeder Schuldner muss für Rechtsirrtümer einstehen, wenn er schuldhaft gehandelt hat. An das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums sind nach der Rechtssprechung strenge Maßstäbe anzulegen. Der Schuldner muss die Rechtslage prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung beachten, wobei ihn das Risiko trifft, die Rechtslage zu verkennen.

Nach neuerer Rechtssprechung des BGH verletzen organschaftliche Vertreter einer Gesellschaft, also Geschäftsfüh...

Im modernen Fernabsatzverkehr ist häufig zu beobachten, dass Käufer eine Bewertung des Verkäufers in Meinungsportale einstellen können, die für weitere Kaufinteressenten einsehbar sind. Ein Verkäufer dürfte dabei regelmäßig an lobenden Äußerungen interessiert sein.

Nach Auffassung des OLG Hamm stellt allerdings die Gewährung von Rabatt für die Einstellung einer Bewertung in ein Meinungsportal ein unzulässiges "Erkaufen" einer lobenden Äußerung dar.

OLG Hamm Urt. v. 23.11.2011 - 4 U 136/10

§ 7 Abs. 1 PAngV verpflichtet Gaststätten und ähnliche Betriebe, in denen Speisen oder Getränke angeboten werden, zur Angabe der Preise in Preisverzeichnissen. Gemäß Abs. 2 der Vorschrift ist zudem neben dem Eingang der Gaststätte ein Preisverzeichnis anzubringen, aus dem die Preise für die wesentlichen angebotenen Speisen und Getränke ersichtlich sind.

An vier Standorten einer Schnellrestaurantkette, in denen keine Bedienung an den Tischen stattfindet, waren keine Preisverzeichnisse mit den w...

Der Bundesgerichtshof hat die Haftungsmasstäbe für Kartenmissbräuche konkretisiert: Grundsätzlich treffe zwar den Bankkunden eine Beweislast für das Vorliegen eines Mißbrauchs, wenn mit seiner Bankkarte und der korrekten PIN Geld am Automaten abgehoben werde.

Wenn jedoch die Abhebung mit einer gefälschten Karte (etwa durch sog. Skimming) erfolge, gelte diese Beweislastverteilung nicht, da insoweit ein atypischer Geschehensablauf vorliege.

Bundesgerichtshof, Urteil v. 29.11.2011 - Az. XI ZR...

Der Europäische Gerichtshof hat entscheiden, dass Langzeitarbeitslose nicht grenzenlos Urlaub ansammlen können.

Der Urlaub habe einen Erholungszweck, der bei einer zeitlich grenzenlosen Übertragbarkeit nicht mehr gewährleistet sei. Im konkreten Fall war zu entscheiden, ob der Urlaub eines Dauerkranken nach einer tariflichen Regelung 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfalle. Der EuGH hat die Regelung nicht beanstandet.

EuGH, Urteil v. 22.10.2011 - Az. C-214/10

Der Arzt muss bei der Behandlung gesicherte medizinische Erkenntnisse berücksichtigen, um nicht dem Vorwurf einer grob fehlerhaften Behandlung ausgesetzt zu sein.

Diese medizinischen Erkenntnisse werden nicht nur durch entsprechende Leitlinien, Richtlinien oder anderweitige Handlungsanweisungen konkretisiert, sondern beinhalten auch elementare medizinische Grundregeln, die im betreffenden Fahcbereich geradezu vorausgesetzt werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.2011, Az. VI ZR 55/09

Bei Arbeiten am Grundstück darf die Festigkeit des Nachbargrundstücks nicht beeinträchtigt werden.

Behauptet der Eigentümer des Nachbargrundstücks, dass die Festigkeit seines Grundstücks durch solche Arbeiten beeinträchtigt wird, trifft ihn die volle Darlegungs- und Beweislast für diese Tatsache.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 11.10.2011, Az.4 U 479/10

Bei der Berechnung der für Unterhalzszahlungen maßgeblichen "Opfergrenze" sind auch Steuernachzahlungen für Vorjahre abzuziehen.

Kann der Leistende den Unterhalt nur unter Gefährdung seines eigenen Lebensunterhalts aufbringen, ist er nicht zur Unterhaltsleistung verpflichtet und kann die Aufwendungen deshalb insoweit nicht abziehen, da keine Zwangsläufigkeit im Sinne des EStG vorliegt.

Um die jeweilige Leistungsfähigkeit zu beurteilen, zog das Finanzgericht auch Steuernachzahlungen für voran...

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass für die Zulassungskosten eines neu entwickelten Pflanzenschutzmittels eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden kann.

Als Leitsätze sind festzuhalten, dass die Kosten für die Zulassung eines neu entwickelten Pflanzenschutzmittels nach dem Pflanzenschutzgesetz Bestandteil der Herstellungskosten für die Rezeptur des Mittels sind, dass Aufwendungen zur Herstellung eines selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts des Anlagever...

Urheberrecht; §§ 69a, 97 UrhG

Das Problem ist bekannt: Die Teilnahme an Filesharing-Tauschbörsen im Internet kann in fremde Urheberrechte an den zur Verfügung gestellten Inhalten führen. Dabei kann den Inhaber des Internetanschlusses, auch wenn er nicht selbst Verbindung zur Tauschbörse aufnimmt, eine Haftung aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung treffen, wenn er nicht bestimmte Vorsorge trifft bzw. die ihn treffenden Prüfpflichten erfüllt.

Das bloße gegenüber den eigenen Kindern im Alter...

Der Anstellungsvertrages eines Geschäftsführers einer GmbH bedarf genauso wenig der Schriftform wie andere Arbeitsverträge. Wird ein Geschäftsführer neu berufen, ohne dass ein schriftlicher Vertrag fixiert wird, besteht der ursprüngliche Anstellungsvertrag fort.

Dieser Anstellungsvertrag endet nicht durch die Abberufung, sondern muss unter Wahrung der Schriftform nach § 623 BGB gekündigt werden. Gegen eine solche Kündigung steht der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten offen.

Bundesarbeitsgeric...

Gewerbemietverhältnisse auf eine bestimmte Zeit können in Ermangelung vertraglicher Vereinbarung nur ausserordentlich gekündigt werden. Ein hierfür erforderlicher wichtiger Grund kann auch in der Nichterbringung der vereinbarten Kaution liegen.

Die Kündigung muss jedoch nach § 314 III BGB in angemessener Frist ausgesprochen werden. Nach Ansicht des OLG Koblenz ist diese Frist nicht mehr gewährt, wenn seit der Kenntnis von der Nichtreits 10 Monate vergangen sind.

Oberlandesgericht Koblenz, Be...

Führt der Arbeitgeber eine Personalakte, so steht dem Arbeitnehmer ein uneingeschränktes Einsichtsrecht zur Verfügung. Der Arbeitnehmer kann auch kontrollieren, wer ansonsten Einsicht in die Akte nehmen darf. Auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gilt dieses Kontrollrecht weiter.

Dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer ist auf Verlangen der vorhandene Datenbestand offen zu legen. Er darf erfahren, wer Zugriff auf welche Daten hat. Ihm steht das Recht zu, den Zugriff auf die Dat...

Aufwendungen für eine zweite Wohnung, die wegen eines beruflich veranlassten Umzugs entstehen, können der Höhe nach unbegrenzt abziehbare Werbungskosten sein. Eine Begrenzung auf 60qm wie im Falle der doppelten Haushaltsführung ist nicht zwingend vorzunehmen.

Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass doppelte Mietkosten in der Umzugsphase der Höhe nach unbegrenzt abziehbare Werbungskosten sein können, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.07.2011 - VI R 2/11